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06.01.2022

2022 Jahresrückblick
Satire - Nein Danke!
Liberal bis zum bitteren Ende:

Wladimir und die starken Männer

Traudich Sohnemann

Ein Foto des ersten Russen überhaupt.
Kiew gehörte einst zu Russland. Wladimir Boudin erinnert sich.

Welchen Liberalismus könnte man eigentlich noch erfinden? Wie wäre es mit einem Liberalismus, der sich an einer fiktiven Vergangenheit orientiert und auf eine Gruppe von Menschen zurückgreift, der ein Wir-Gefühl unterstellt wird, und der dieser Gruppe alle möglichen Freiheiten zuspricht, während er alle anderen bloß als Mittel zum Zweck benutzt? Das gibt es nicht, meinen Sie? Gibt es wohl! Willkommen in Russland! Der Geschichtskenner und Präsident Wladimir Boudin (Boudin heißt im französischen in ungefähr so viel wie “schlaffe Wurst”) ist der Designer eines Liberalismus zwischen Fantasie und Nostalgie. Bei seiner Suche nach den Ur-Russen stieß er auf die Wikinger, die durch fremde Länder zogen und sich alles unter die Nägel rissen, was nicht von dreiköpfigen Drachen verteidigt wurde. Dabei ritten sie auf riesigen Mammuts und trugen Helme mit bunten Hörnern in den Russland-Farben. Bei Bedarf kamen ihnen von Gott gesandte Drachenwesen zur Hilfe und brannten ganze Dörfer nieder. Auch die Geschlechterrollen waren klar verteilt. Während die Männer sich ums Plündern und Erobern kümmerten, blieben die Frauen gemütlich zu Hause und leisteten unbezahlte Reproduktionsarbeit. Dabei kümmerten sie sich um Sklaven und Kinder und lästerten anstandslos über ihre Männer oder aber und oder auch trauerten sie um die Gefallenen.

“Es gab eine Zeit, da war Russland noch ein großes Land. Auch heute noch ist Russland groß, freilich. Aber ein großer Teil davon sind bloß Schnee und Chinesen. Wir wollen jedoch wieder ein Russland, das stolz auf sich sein kann. Eine Welt, in der alle Menschen wissen, dass sie Russen sind.”

Es darf dabei nicht vergessen werden, dass Wladimir Boudin fast so alt wie der amerikanische Präsident Bidon ist. Seine Senilität könnte deshalb auch Mitgrund für seine verzerrten Erinnerungen und seine verzogenen Einschätzungen bezüglich des russischen Wir-Gefühls sein. Es bleibt also zu hoffen, dass der Fantasie-Liberalismus nur eine ephemere Erscheinung bleibt.

Traudich Sohnemann, geboren in Gelsenkirchen, Deutschland. Er studierte viel, doch vor allem lang und hart.

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