02.11.2022
Stille Tandtaten 3/3: Milbentheater
Sven BloesRobert Frank - ‘Paris, Boulevard de Clichy’ (Théâtre de rue), 1949.
Image: Sotheby’s
The following text is part of a triptych of German prose snippets by Sven Bloes, which will be published here over the following weeks. Object-centred and witty, they tell humorous stories with a philosophical twist.
Im Untergeschoss der berüchtigten Pulexithek lässt sich seit kürzester Zeit eine neue Attraktion auffinden; ein Milbentheater wurde dort erbaut. Hierfür wurde ein ganzer Stoß an Unterlagen hinfort geschafft, der eine Ecke des Stellraums seit Jahrzehnten mit Gelblichkeit erleuchtet hatte. Eine zahlreich besetzte Gruppe von Installateuren kümmerte sich monatelang um die Errichtung der winzigen inneren Arena.
Es handelt sich bei dem Bau um ein originales Répliquat der im rénommiertesten Theater der Stadt befindlichen „Andachtbühne“. Kein Détail wurde außer Acht gelassen, élégant wurde der Plan des Bâtiments zutage gelegt, minütiös gelang die Ausführung. Von den Einzelheiten fehlen auch der Tribünenraum nicht, das Parquett, die Coulisse, die Flüstercabinette, das Portail, die Balconetten, die Chorus- und Orchestervorrichtungen, die Privatcassetten, das Podiüm, die unteren Tabourette, der plissierte Vorhang, die Kassa der Billette, die Entrée mit Flügeltür, die Garderobe für Jacquette, die Polstercanapés, die Toiletten, die Cristallglaslüster, die Büvetten, etcetera. Die genehmste Acoustique wurde bei der Constrüktion beachtet, das Adrette, die Éclairage und die Couleur, das leicht Coquette, die Raumcürvatüre, das Kammersquelett, die Atmosphère, die Étiquette, die Ästhétique, die Lünetten, das Artistische, die Steinplaquetten, der Stuck, die Reichlichkeit an Facetten, das Inscénierte, das Honnêtte, der prunkvolle Décor, die Spiegeldoubletten, das Ensemble de Toutcela, wiederum etcetera.
Nur die Schausteller selbst fehlen anscheinend noch. Einige der Besucher jedenfalls sind sich einig, sie dennoch, bei genauerer Betrachtung, wahrgenommen zu haben. Dagegen meinen andere, die Vedetten befänden sich immer noch, zur Vorbereitung auf das anstehende Ballett „Die sterbende Schwanette“, in tötend verborgenen Räumlichkeiten.︎
Sven Bloes studied German literature and language. He writes down all kinds of things, be it prose or poetry, satire, essays or analyses of movies or texts. Sometimes, he shows tiny bits on his Instagram @zve_ blo
Im Untergeschoss der berüchtigten Pulexithek lässt sich seit kürzester Zeit eine neue Attraktion auffinden; ein Milbentheater wurde dort erbaut. Hierfür wurde ein ganzer Stoß an Unterlagen hinfort geschafft, der eine Ecke des Stellraums seit Jahrzehnten mit Gelblichkeit erleuchtet hatte. Eine zahlreich besetzte Gruppe von Installateuren kümmerte sich monatelang um die Errichtung der winzigen inneren Arena.
Es handelt sich bei dem Bau um ein originales Répliquat der im rénommiertesten Theater der Stadt befindlichen „Andachtbühne“. Kein Détail wurde außer Acht gelassen, élégant wurde der Plan des Bâtiments zutage gelegt, minütiös gelang die Ausführung. Von den Einzelheiten fehlen auch der Tribünenraum nicht, das Parquett, die Coulisse, die Flüstercabinette, das Portail, die Balconetten, die Chorus- und Orchestervorrichtungen, die Privatcassetten, das Podiüm, die unteren Tabourette, der plissierte Vorhang, die Kassa der Billette, die Entrée mit Flügeltür, die Garderobe für Jacquette, die Polstercanapés, die Toiletten, die Cristallglaslüster, die Büvetten, etcetera. Die genehmste Acoustique wurde bei der Constrüktion beachtet, das Adrette, die Éclairage und die Couleur, das leicht Coquette, die Raumcürvatüre, das Kammersquelett, die Atmosphère, die Étiquette, die Ästhétique, die Lünetten, das Artistische, die Steinplaquetten, der Stuck, die Reichlichkeit an Facetten, das Inscénierte, das Honnêtte, der prunkvolle Décor, die Spiegeldoubletten, das Ensemble de Toutcela, wiederum etcetera.
Nur die Schausteller selbst fehlen anscheinend noch. Einige der Besucher jedenfalls sind sich einig, sie dennoch, bei genauerer Betrachtung, wahrgenommen zu haben. Dagegen meinen andere, die Vedetten befänden sich immer noch, zur Vorbereitung auf das anstehende Ballett „Die sterbende Schwanette“, in tötend verborgenen Räumlichkeiten.︎
Sven Bloes studied German literature and language. He writes down all kinds of things, be it prose or poetry, satire, essays or analyses of movies or texts. Sometimes, he shows tiny bits on his Instagram @zve_ blo